Matthieu Blazy lenkt Chanel in eine neue Umlaufbahn

Unter der gläsernen Kuppel des Grand Palais begann eine neue Ära.Matthieu Blazy machte Chanel zum Drehpunkt zwischen Himmel und Erde. Seine Mode war mutig und präzise, sinnlich und modern zugleich. Und zeigte, dass Mode Geschichte schreiben kann, ohne sich darin zu verlieren.

Von Yasmin El Mohandes

Nach Monaten des Flüsterns und Fragens, des endlosen Wartens und Vermutens begann im Grand Palais ein neues Kapitel der Modegeschichte. Matthieu Blazy trat ins Licht – und mit ihm ein Haus, das selten so sehr im Mittelpunkt der Erwartungen stand. Das mit Spannung erwartete Debüt des 41-jährigen Belgiers für Chanel war nicht weniger als ein Ereignis.

Schon der Schauplatz versprach eine Vision. Das Grand Palais, Tempel der Pariser Moderne, wurde für diesen Abend in ein gigantisches Planetarium verwandelt. Über dem Publikum schwebten beleuchtete Stoffplaneten, die Sonne maß 15 Meter im Durchmesser. Der Laufsteg glänzte wie geschmolzenes Gestein, eine lackierte Mondlandschaft. 2400 Gäste waren geladen, darunter Nicole Kidman, Penélope Cruz, Pedro Almodóvar und Margot Robbie. Sie alle mussten eine Stunde früher erscheinen, um das Bühnenbild zu bestaunen. Es war eine Geste des Überflusses – und zugleich ein Akt der Konzentration.

Blazys Kollektion überraschte durch ihre Balance zwischen Strenge und Mut. „Chanel ist Liebe“, sagte er nach der Show. „Die Geburt der Modernität in der Mode entspringt einer Liebesgeschichte.“ Diese Liebesgeschichte – zwischen Arbeit und Freiheit – schrieb er fort. Der Auftakt gehörte grauen Flanellanzügen, inspiriert von Coco Chanels Geliebtem Boy Capel. Hosen, Offiziersjacken, präzise Linien: eine Rückkehr zu den Anfängen. Doch die Stoffe – halbtransparenter Bouclé, leichte Plaids, Denim – verliehen der Strenge Zärtlichkeit.

Blazy spielte mit Codes wie mit Erinnerungen. Kamelien wurden doppelt so groß, Perlen zu dichten Colliers verwebt. Goldene Ähren, ein Glückssymbol Chanels, leuchteten aus Organza-Oberteilen. Selbst das kleine Schwarze erschien neu – mit goldenen Kordeln gesäumt oder seitlich verknotet. Einige Modelle trugen tief sitzende Röcke, aus denen Unterwäsche hervorsah – eine ironische Brechung der bourgeoisen Etikette.

Am Ende stand das Model Awar Odhiang im elfenbeinfarbenen Seiden-T-Shirt auf dem Laufsteg, begann zu klatschen – und der Saal erhob sich. Eine Geste, so spontan wie selten in der Modewelt. Ironischerweise fühlte sich diese Schau, die das Universum der Sterne simulierte, von atemberaubender Lebendigkeit an.

Matthieu Blazy, vormals Kreativdirektor von Bottega Veneta, ist erst der vierte Designer an der Spitze des Hauses Chanel – nach Coco, Lagerfeld und Viard. Er führt das Haus  - soviel lässt sich jetzt schon sagen - nicht mit Nostalgie, sondern mit Neugier.

„Freiheit, getragen und gewonnen von Gabrielle Chanel“, sagte Blazy. Man möchte hinzufügen: Jetzt auch von ihm.

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