Ein Jahrhundert im Koffer: Louis Vuitton und das Erbe des Art Déco
Hundert Jahre nach der Geburtsstunde des Art déco rückt Paris die goldenen Zwanziger wieder ins Rampenlicht. Louis Vuitton eröffnet im LV Dream eine Ausstellung mit 300 seltenen Objekten aus den eigenen Archiven. Im Mittelpunkt steht vor allem Gaston-Louis Vuitton, der Enkel des Firmengründers, der das Haus kulturell prägte.

Wie erzählt man eine Epoche? Über ihre Architektur vielleicht, ihre Musik oder ihre Bilder. Louis Vuitton versucht es über das Reisen. Die Ausstellung „Louis Vuitton Art Deco“ im LV Dream in Paris schlägt den Bogen vom Pariser Jazz-Age bis in die Gegenwart – mit 300 Objekten, die mehr sind als Accessoires: Sie sind Symbole einer Lebenshaltung.
Da ist der Kosmetikkoffer der Jeanne Lanvin, dort der Reisekoffer für Paul Poiret, daneben Kristallflakons und Pflegesets, die einst Igor Strawinsky gehörten. Sie alle tragen den Geist der 1920er Jahre, jener Dekade, in der Paris für kurze Zeit das Zentrum der Moderne war.
Im Mittelpunkt steht Gaston-Louis Vuitton. Der Enkel des Gründers war kein reiner Geschäftsmann, sondern ein Kulturunternehmer avant la lettre. Er verstand, dass Luxus sich nicht allein über Material definiert, sondern über Inszenierung. Auf der Weltausstellung von 1925 inszenierte er den Vuitton-Stand wie ein Bühnenbild. Seine Entwürfe für Schaufenster an der Champs-Élysées zogen Scharen von Flaneuren an – frühe Vorläufer dessen, was man heute Markenwelt nennt.
Die Ausstellung zeigt auch die private Seite: Notizbücher mit Geschichten über den Großvater, Skizzen, Fotografien. Sie machen sichtbar, wie Gaston-Louis obsessiv dokumentierte, fast besessen vom Wunsch, nichts verloren gehen zu lassen. Er war, lange bevor der Begriff existierte, der erste Archivar seiner Marke.
Besonders eindrucksvoll ist der „Milano Beauty“-Koffer, ein Objekt, das wie ein Destillat des Art Déco wirkt: geometrisch, farbintensiv, luxuriös. Dass er heute wieder zitiert wird, zeigt, wie lebendig diese Formensprache geblieben ist.
Im letzten Raum treffen Vergangenheit und Gegenwart aufeinander: historische Handtaschen neben zeitgenössischen Entwürfen von Jacobs, Ghesquière und Williams. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Reisen war im Art Déco nie bloß Bewegung von A nach B. Es war eine Kunstform – und Louis Vuitton ihr Chronist.