70 Jahre Chanel 2.55: Die Handtasche, die Modegeschichte schrieb
Chanels 2.55 vereint Stil und Funktion wie kaum ein anderes Modeaccessoire. Inspiriert von Soldatentaschen und Jockey-Jacken, entstand ein Design, das die Hände freigibt und trotzdem glamourös wirkt. Jede Neuauflage spiegelt den Zeitgeist wider. Sie bleibt eine Ikone, die nie aus der Mode kommt.

Im Februar 1955 stellte Gabrielle „Coco“ Chanel eine Handtasche vor, die weit mehr war als ein Accessoire: die 2.55. Der Name leitet sich vom Monat und Jahr ihrer Einführung ab – Februar 1955 – und verweist auf die Geburt einer Designikone, die die Modegeschichte verändern sollte. Die Tasche war nicht nur elegant, sondern auch funktional – eine Kombination, die damals revolutionär war.
Die bahnbrechende Idee: ein Schulterriemen. Inspiriert von Taschen französischer Soldaten entwarf Chanel erstmals eine Handtasche, die Frauen bequem über der Schulter tragen konnten. So blieben die Hände frei – für das Leben, für Gesten, für den Alltag. In den 1950er-Jahren war das ein Bruch mit den Gepflogenheiten, denn Damengeldbörsen und Abendtaschen waren meist als Clutch oder zum Tragen in der Hand konzipiert. Chanel soll gesagt haben: „Ich hatte es satt, meine Taschen mit der Hand zu tragen und sie zu verlieren, also habe ich einen Riemen darüber gestülpt und sie mir über die Schulter gehängt.“
Doch Funktion allein reichte nicht. Die 2.55 vereinte praktischen Nutzen mit unverwechselbarer Ästhetik. Das rautenförmig gesteppte Leder war von Chanels Leidenschaft für den Pferdesport inspiriert, insbesondere von den wattierten Jacken der Jockeys. Der rechteckige Schnitt verlieh Struktur, während der „Mademoiselle Lock“ – ein Verschluss, der an Chanels unverheirateten Status erinnerte – für Eleganz sorgte. Im Inneren fanden sich Fächer für Lippenstift und Puderdose sowie ein kleines, mit Reißverschluss versehenes Fach, das angeblich für Liebesbriefe gedacht war.
Die 2.55 fand schnell prominente Trägerinnen: Jacqueline Kennedy, Prinzessin Diana, Jane Fonda und später Kate Moss oder Penélope Cruz – sie alle trugen die Tasche mit einer Selbstverständlichkeit, die ihren Status als modernes Accessoire unterstrich. Im Laufe der Jahrzehnte entstanden unzählige Varianten aus Seide, Wildleder oder Denim. Jede Neuauflage hielt am ikonischen Grundprinzip fest und interpretierte es für den jeweiligen Zeitgeist neu.
Ein entscheidender Wendepunkt kam in den 1970er-Jahren mit Karl Lagerfeld. Der neue Kreativdirektor entfernte den Mademoiselle-Verschluss und ersetzte ihn durch das mittlerweile legendäre CC-Logo. Zum 50-jährigen Jubiläum 2005 brachte er die „2.55 Reissue“ heraus – eine Hommage an das Original mit dem ursprünglichen Verschluss. Gleichzeitig entstand die 11.12, eine Weiterentwicklung mit den typischen ineinander verflochtenen Leder-Ketten-Riemen, die heute zu Chanels Klassikern zählt.
Die Faszination der 2.55 liegt in ihrer Vielseitigkeit. Sie ist gleichermaßen Abendtasche und Alltagsbegleiterin, kann diskret wirken oder ein Statement setzen. Sie passt zu Couture ebenso wie zu Jeans. Ihre Form ist unverwechselbar, doch sie altert nicht. Vielleicht ist das ihr größtes Geheimnis: Sie ist nicht an eine Ära gebunden. Sie mag 70 Jahre alt sein, doch sie bleibt ein Beweis dafür, dass wahre Ikonen nicht altern, sondern reifen.
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