Selfcare als Schlüssel

Vital altern, beständig führen, bewusst leben – dafür steht Prof. Dr. h.c. Nike Schröder. Als Expertin für Longevity, Epigenetik und Resilienz macht sie komplexe Themen greifbar. Dieses Wissen fließt auch in ihr „Mission Impossible Coaching“ ein, das Leadern helfen soll, innere Stärke zurückzugewinnen. Ein Gespräch.

Von Klara Domas

DIVA: Longevity ist für Sie kein Trend, sondern eine Not­wendigkeit – warum?

NIKE SCHRÖDER: Wir leben seit Jahren von ­Tempo, Druck und Dauer-Performance – doch ­genau das raubt uns Kraft, Kreativität und letztlich Lebenszeit. Wir sehen es jeden Tag: Burn-out, Erschöpfung, chronische Krankheiten. All das ist kein Preis, den wir zahlen müssen – es ist ein Signal, dass ein Paradigmenwechsel überfällig ist. Denn nur wer selbst gesund, resilient und voller Energie ist, kann ­Menschen inspirieren, Innovation vorantreiben und eine Kultur erschaffen, die nachhaltig erfolgreich ist. Longevity ist nicht nur ein Geschenk an uns selbst – es ist ein Investment in Zukunft, ­Kreativität und Menschlichkeit.

DIVA: Unsere Gesellschaft wird älter – aber nicht automatisch gesünder. Was braucht es, damit Langlebigkeit auch mit Vita­lität und Lebensfreude verbunden ist?

NIKE SCHRÖDER: Langlebigkeit ohne Lebensfreude und ­Vitalität ist kein Geschenk, sondern eine Last. Damit das ­Alter nicht nur mehr Jahre bringt, sondern ­bessere, braucht es einen radikalen Perspektivwechsel. Wir müssen verstehen: Gesundheit ist nicht die Ab­­wesenheit von Krankheit, sondern die Präsenz von Energie, Klarheit und Lebenslust. Studien zeigen, dass Menschen mit starken sozialen Beziehungen und einer klaren inneren Ausrichtung nicht nur länger leben, sondern auch gesünder altern. Langlebigkeit braucht also nicht nur medizinisches Wissen, sondern auch Herz, Gemeinschaft und die Bereitschaft, das eigene Leben bewusst zu gestalten.

DIVA: Welchen Einfluss hat die Qualität unserer Alltags­entscheidungen – Schlaf, Bewegung, Stressmanagement – wirklich auf unsere Langlebigkeit?

NIKE SCHRÖDER: Der Einfluss unserer Alltagsentscheidungen ist viel größer, als wir meist glauben. Es sind nicht die „großen Momente“, die über unsere Lang­lebigkeit entscheiden, sondern es ist die Summe der kleinen ­täglichen Entscheidungen.

DIVA: Was waren Ihre persönlichen Gamechanger im Bereich Longevity – was hat für Sie spürbare Wirkung gezeigt?

NIKE SCHRÖDER: Meine größten Gamechanger im Bereich ­Longevity waren erstaunlich einfach – und genau darin liegt ihre Kraft. Der erste war die Entdeckung der Epigenetik: zu verstehen, dass meine Gene nicht mein Schicksal sind, sondern dass ich durch Ernährung, Bewegung, Schlaf und ­Emotionen aktiv beeinflusse, wie jung meine Zellen bleiben. Dieses Wissen hat mich radikal befreit – weg vom ­Gefühl der Fremdbestimmung hin zu echter Selbst­wirksamkeit. Ein zweiter Gamechanger war die ­Priorisierung von Schlaf. Früher habe ich Schlaf oft geopfert, um „mehr zu schaffen“. Heute weiß ich: Er ist mein größter Leistungsbooster. Kreativität, Energie, Immunsystem, Stimmung – alles steht und fällt mit guter Regeneration.

DIVA: Sie haben gerade erwähnt, dass „Gene nicht Schicksal sind“. Wie erklären Sie das Menschen, die glauben, Gesundheit sei nur genetisches Glück oder Pech?

NIKE SCHRÖDER: Ich erkläre es gerne so: Gene sind wie ein ­Klavier. Wir alle bekommen unsere Tasten mit auf den Weg – manche heller, manche dunkler. Aber die Musik, die daraus entsteht, hängt davon ab, wie wir spielen. Ernährung, Bewegung, Schlaf, Gedanken und ­Emotionen sind die Finger, die unsere Gene „anschalten“ oder „stummschalten“. Gesundheit ist also viel weniger Schicksal, als viele glauben. Wir sind nicht Opfer unserer Gene – wir sind die ­Dirigenten.

DIVA: Wie kann ein Mensch gezielt auf seine Genexpression Einfluss nehmen – gerade in stressintensiven Berufen?

NIKE SCHRÖDER: Gerade in stressreichen Jobs sind kleine, konsequente Mikroentscheidungen fundamental. Atemübungen zwischen Meetings, kurze Pausen in der Natur, bewusste Ernährung, ein Abend ohne Bildschirm – all das signalisiert unseren Zellen Sicherheit statt Alarm. Epigenetisch bedeutet das, Gene für Regeneration und Zellschutz zu ­aktivieren, statt nur die Stressachsen hochzufahren. Selbst fünf bewusste Minuten können in stressintensiven ­Berufen den Unterschied machen.

DIVA: Gibt es epigenetische Prinzipien, die sich konkret ins ­tägliche Leadership integrieren lassen?

NIKE SCHRÖDER: Ja, absolut. Führung beginnt in den Zellen. Wer ausgeruht, präsent und zentriert ist, sendet eine ganz andere Energie in sein Team. Ein epigene­tisches Prinzip lautet: „Balance statt Dauerstress“ – konkret bedeutet das, Meetings mit klaren ­Pausen zu gestalten, gesunde Routinen vorzuleben und emotionale Sicherheit zu fördern. Wenn Führungs­kräfte zeigen, dass Selbstfürsorge kein Luxus, ­sondern ein Erfolgsfaktor ist, prägt das nicht nur ihre eigene Genexpression – sondern auch die ­Kultur des gesamten Unternehmens.

DIVA: Sie bezeichnen Ihre Arbeit als „Mission Impossible ­Coaching“ – wie würden Sie das erklären?

NIKE SCHRÖDER: „Mission Impossible Coaching“ ist kein Marketing-­Slogan, sondern mein Arbeitsauftrag. Ich begleite Persönlichkeiten, die scheinbar unlösbare Aufgaben meistern müssen – Unternehmer, Entscheider, Leader, die unter enormem Druck ­stehen. Für sie gibt es keine einfachen Antworten, sondern nur maßgeschneiderte Strategien. Mein Ansatz verbindet die psychodynamische Tiefe meiner Insead-Ausbildung mit Longevity- und High-Performance-Strategien. Ich arbeite an der Schnittstelle von Geist, Körper und Leadership. Dabei geht es nicht darum, bloß durchzuhalten – sondern Krisen als Katalysator für Transformation zu nutzen.

DIVA: Was sehen Sie in Ihrer Coachingpraxis: Welche Denk- oder Verhaltensmuster sind auf zellulärer Ebene besonders „gesundheitsfeindlich“?

NIKE SCHRÖDER: Das gefährlichste Muster ist der Glaube, ­immer funktionieren zu müssen – koste es, was es wolle. Perfektionismus, Dauerverfügbarkeit und Selbstkritik aktivieren dauerhaft Stressgene, die Ent­zündungen fördern und die Zellerneuerung ­blockieren. Ebenso zerstörerisch ist das Gefühl von Isolation: Wer sich allein durchkämpft, verliert einen der stärksten Longevity-Faktoren – soziale Verbundenheit. Die heilsamsten Gegenmuster sind deshalb Selbstmitgefühl, das Setzen von Grenzen und echte Gemeinschaft. Auf zellulärer Ebene wirken sie wie Balsam: Stress wird reguliert, Entzündungen nehmen ab, Regeneration kann beginnen.

DIVA: Sie arbeiten mit Drei-Sterne-Koch Heinz Beck und sagen: „Essen ist Medizin“ – auch für Führungspersönlichkeiten. ­Warum ist Ernährung mehr als eine private Angelegenheit?

NIKE SCHRÖDER: Weil Ernährung direkt beeinflusst, wie klar wir denken, wie stabil wir fühlen und wie lange wir ­gesund bleiben. Für Führungspersönlichkeiten ist das keine Privatsache – es ist Teil ihrer Verantwortung. Wer ständig unter Zuckerschwankungen, Energielöchern oder stillen Entzündungen leidet, kann weder klare Entscheidungen treffen noch ein Team inspirieren. Essen ist Treibstoff – für Körper, Geist und Leadership.

DIVA: Was war für Sie der überraschendste Aha-Moment in der Zusammenarbeit mit Heinz Beck?

NIKE SCHRÖDER: Mich hat am meisten beeindruckt, mit welcher Präzision Heinz Beck den Zusammenhang zwischen Geschmack, Gesundheit und Zellbiologie herstellte. Sein Ansatz zeigt: Hochgenuss und therapeutische Wirkung schließen einander nicht aus – im Gegenteil. Ich habe verstanden, dass ein Menü gleichzeitig ein kulinarisches Erlebnis und eine „zelluläre Intervention“ sein kann. Das war ein echter Paradigmenwechsel: Fine Dining nicht als Luxus, sondern als Longevity-Strategie.

DIVA: Viele Menschen fühlen sich durch Ernährungsthemen überfordert. Was empfehlen Sie als ersten wirksamen Schritt?

NIKE SCHRÖDER: Der erste Schritt ist, es einfach zu halten. Eine Mahlzeit – eine echte Entscheidung: mehr Gemüse, weniger Zucker, ausreichend Wasser. Schon diese Basics haben einen spürbaren Effekt. Es geht nicht darum, sofort alles perfekt zu machen, sondern ­kleine Gewohnheiten zu etablieren, die Freude ­machen und langfristig tragen. Perfektion ist der Feind der Veränderung – Leichtigkeit der Schlüssel.

DIVA: Was ist für Sie das größte Missverständnis, wenn über Resilienz im Führungskontext gesprochen wird?

NIKE SCHRÖDER: Das größte Missverständnis ist die Vorstellung, Resilienz bedeute, immer stark und unerschütterlich zu sein. In Wahrheit geht es nicht um Härte, sondern um Flexibilität. Resilienz heißt, sich nach Belastungen wieder aufzurichten – ohne daran zu zerbrechen. Es ist die Fähigkeit, Energie intelligent zu managen, nicht, unendlich Widerstand zu leisten.

DIVA: Wie kann man Resilienz nicht nur aufbauen, sondern dauerhaft im eigenen System verankern?

NIKE SCHRÖDER: Resilienz wird nicht in Krisen geboren – sie entsteht im Alltag. Wer regelmäßig für Balance sorgt, baut einen biologischen Puffer auf, der in Stress­momenten hilft. Konkret heißt das: Schlaf priorisieren, kleine Pausen bewusst nutzen, Ernährung als Energiequelle verstehen, Bewegung in den Alltag integrieren. So wird Resilienz nicht zu einer „Technik“, sondern zu einem eingespielten System, das automatisch greift, wenn das Leben turbulent wird.

DIVA: Was sagen Sie Menschen, die behaupten, sie hätten keine Zeit für Selbstfürsorge?

NIKE SCHRÖDER: Ich sage: Genau dann brauchen Sie sie am ­dringendsten. Selbstfürsorge kostet keine Zeit – sie schenkt Zeit. Wer ausgebrannt ist, verliert ­Stunden, Tage, manchmal Jahre. Wer dagegen bewusst ­Pausen setzt, klar schläft und sich gut ­ernährt, gewinnt an Fokus, Kreativität und Lebensqualität. Selbst­fürsorge ist kein Luxus, sondern die ­Grundlage von Leistungsfähigkeit.

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