Klingende Kassen – wie Labubu die Welt im Sturm eroberte
Es grinst, es glänzt, es verkauft sich millionenfach. Labubu ist das neue Maskottchen des globalen Kultkonsums. Was aussieht wie ein Spielzeug, ist ein Spiegelbild der Gegenwart.

Von außen betrachtet ist es nur ein kleines Plüschtier mit übergroßen Kaninchenohren, schiefem Grinsen und Reißzähnen. Doch „Labubu“ ist weit mehr als das: Es ist Symbol, Stilbekenntnis und Spekulationsobjekt in einem – und es sorgt weltweit für Umsatzrekorde. Was einst als düstere Kinderbuchfigur begann, ist heute ein popkulturelles Phänomen. Promis wie David Beckham, Rihanna oder K-Pop-Star Lisa von „Blackpink“ tragen das kleine Monster an Designertaschen von Hermès oder Louis Vuitton. Und mit jedem Auftritt klingeln die Kassen – bei Fans, Resellern und vor allem beim Produzenten Pop Mart.
Erfunden wurde Labubu vom Hongkonger Künstler Kasing Lung, der sich von nordischen Elfenmärchen inspirieren ließ. Ursprünglich Teil seines Bilderbuchs The Monsters, wurde die Figur durch eine Lizenzvereinbarung mit Pop Mart zum globalen Massenprodukt transformiert. Doch der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Labubu folgt einem klar kalkulierten Prinzip: limitierte Editionen, künstliche Verknappung und das sogenannte „Blind Boxing“. Käufer wissen beim Erwerb nicht, welches der vielen Modelle sie erhalten – ein Mechanismus, der an Glücksspiel erinnert. Das Belohnungssystem im Gehirn wird aktiviert, ähnlich wie bei Spielautomaten. Wer eine seltene Version zieht, kann diese auf Plattformen wie eBay für bis zu vierstellige Summen weiterverkaufen. Seltene Figuren erscheinen aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:72 oder 1:144.
Diese Verkaufsstrategie ist alt, aber effektiv – und in der Ästhetik von Labubu perfekt auf den Zeitgeist abgestimmt. In einer Welt, die gleichermaßen Ironie, Nostalgie und Identitätsfragen verhandelt, ist das Plüschtier Projektionsfläche für all das. Seine widersprüchliche Erscheinung – süß und frech, trollhaft und weich – spiegelt die emotionale Ambivalenz einer Generation, die nach Individualität sucht, aber kollektiv kauft. „Labubu“ ist nicht einfach ein Anhänger – es ist Kommentar, Ironie und Modestatement zugleich. Man nutzt das Plüschtier als humorvolles Gegengewicht zu luxuriösen Handtaschen: „Ich trage eine Birkin, aber hey – mit einem Monster dran.“
Pop Mart selbst macht keinen Hehl daraus, dass hinter dem Spielzeug harte Geschäftskalkulation steht. Das Unternehmen ist mittlerweile börsennotiert, die Aktie entwickelt sich rasant, Expansion in Europa und Amerika läuft auf Hochtouren. Die Drops werden minutiös geplant, oft begleitet von Social-Media-Kampagnen und gezielten Influencer-Kooperationen. Der Effekt: Server crashen, Fans campen vor Stores, auf TikTok explodieren die Views. Jeder Drop wird zum Event, jede Figur zur Ware mit Preisschild und Sammlerwert.
Doch der Hype hat auch Schattenseiten. Die immense Nachfrage hat einen Schwarzmarkt für Fälschungen entstehen lassen – sogenannte „Lafufus“. Besonders auf Plattformen wie AliExpress oder Amazon kursieren billige Imitate. Gleichzeitig häuft sich die Kritik an den ökologischen und ethischen Folgen: Millionen von Plastikfiguren, global verschifft, oft in fragwürdigen Produktionsbedingungen hergestellt. Die emotionale Bindung, die Pop Mart geschickt als Verkaufsargument nutzt („Labubu hilft mir durch schwere Zeiten“), wird von Kritikern als zynische Kapitalisierung von Einsamkeit und Nostalgie gelesen.
In der Kunstszene hingegen hat Kasing Lung mittlerweile den Sprung aus der Nerdkultur geschafft. Werke des Künstlers erzielen auf Auktionen Preise im fünfstelligen Bereich. Ähnlich wie bei Streetart-Pionieren wie KAWS oder Takashi Murakami verschwimmen auch bei Lung die Grenzen zwischen Pop und High Art. Murakami selbst gilt als Vorbild für diese Entwicklung – er kooperierte etwa mit Louis Vuitton und brachte Comicästhetik in die Welt der Luxuskonsumenten.
Auch wenn Labubu bald vom nächsten Trend(monster) abgelöst wird, es zeigt, wie sich Kunst, Kommerz und kollektive Sehnsucht nach Bedeutung zu einem neuen Kulturprodukt verbinden lassen. Labubu – das ist keine simple Spielzeugfigur. Es ist ein emotionales Investment mit ironischer Rendite.