Hinter dem Pokerface: Victoria Beckham unter der Lupe von Netflix
„Posh Spice“ war einmal ein Pop-Phänomen. Heute ist Victoria Beckham ein globales Unternehmen. Die Netflix-Serie erzählt, wie sie sich von ihrer Vergangenheit emanzipiert hat – und warum es immer noch schwer ist, ernst genommen zu werden, wenn man einmal berühmt war.

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Es ist immer leicht, über Victoria Beckham zu spotten. Über die Nicht-Lächelerin, die Modefrau, die Pop-Vergangenheit. Netflix zeigt jetzt, wie schwer es ist, mit einem Image zu leben, das längst ein Eigenleben führt.
In „Victoria Beckham“ blickt die Designerin zurück auf dreißig Jahre Öffentlichkeit. Sie erzählt, wie sie gelernt hat, mit Schlagzeilen zu leben, mit Spott und Selbstzweifeln. „Ich dachte immer, ich hätte Kontrolle“, sagt sie. „Aber Kontrolle ist eine Illusion.“
Man sieht sie in London, in Paris, in New York. Man hört sie reden über Arbeit, Familie, Disziplin. „Ich bin seit fast zwei Jahrzehnten in der Modebranche und kämpfe immer noch gegen das Vorurteil des Spice Girls“, sagt sie. Der Satz ist nüchtern, fast sachlich. Man kann das als Klage lesen oder als Diagnose einer Öffentlichkeit, die sich mit Komplexität schwertut. Die Serie zeigt, wie das Etikett Posh Spice an ihr klebt. Regisseurin Nadia Hallgren macht in den drei Folgen etwas Kluges: Sie sucht nicht nach dem einen entlarvenden Moment, sondern nach dem Alltag. Die Kamera bleibt auf Händen, die Stoff prüfen, auf Gesichtern, die rechnen, auf Stillen, die nicht peinlich sind. Das ist für eine Serie über eine Berühmtheit überraschend unaufgeregt und gerade deshalb überzeugend.

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Auffällig ist, wie sachlich die Produktion mit Ökonomie umgeht. 112,7 Millionen Pfund Umsatz im Jahr 2024, ausgewiesen von WWD, die Beteiligung von Neo Investment Partners 2017, bewertet bei rund 100 Millionen Pfund. Das sind keine Randnotizen, sondern Achsen, um die sich der Begriff „Ernsthaftigkeit“ dreht. In einer Branche, in der gern Geschichten erzählt werden, erinnert die Serie daran, dass Geschichten Systeme benötigen: Beschaffung, Cashflow, Kalender. Es ist fast beruhigend, wenn der Glamour auf Excel trifft.
Die Pop-Ikone bleibt anwesend, aber nicht dominant. Archivmaterial liefert die notwendigen Kontraste. Es gibt keine Skandalschleifen, keine Tränendramaturgie. Stattdessen: Arbeit. Die Vorbereitung einer Pariser Schau, die Taktung eines Beauty-Launches, der nüchterne Blick, mit dem eine Silhouette korrigiert wird. Selbst das Detail, dass bei Selfridges ein Kajal pro vier Minuten über den Tresen geht, wirkt nicht wie eine Reklamezeile.
Was am Ende bleibt, ist keine Demontage von Posh Spice, sondern dessen Einordnung: wie man aus einer Projektionsfläche eine Realität macht – und aus der Realität eine Marke.

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