Drumlerhof: Wo die Natur im Mittelpunkt steht und Luxus nie zu kurz kommt
Das Naturhotel Drumlerhof im Südtiroler Ahrntal arbeitet „enkeltauglich": Die Umwelt soll für folgende Generationen so intakt wie möglich erhalten bleiben. Darben müssen die Gäste trotzdem nicht.

Zu beiden Seiten erheben sich mächtige Gipfel. Achtzig Dreitausender säumen das Ahrntal im Osten Südtirols und bilden eine imposante Kulisse für die Dörfer zwischen Bruneck und Kasern, der nördlichsten Gemeinde Italiens. Stefan Fauster, Chef des Naturhotels Drumlerhof in Sand in Taufers, stapft in Begleitung von Hündchen Ulma durch ein buntes Durcheinander von Pflanzen und zieht einen Bund Möhren aus der Erde. Kohlköpfe liegen am Boden, Vögel picken Kerne aus verblühten Sonnenblumen. Fauster spricht von seiner Vision eines autarken Südtirols, in dem alles wächst, was die Menschen für Küche und Tafel benötigen. „Heute produziert Südtirol nur Milch, Wein und Äpfel, aber es könnte wieder die Speisekammer für die Region werden." Zusammen mit einigen Kollegen hat er deshalb einen halben Hektar Land gepachtet. Hier bauen sie Gemüse für ihre Hotelküchen an - ohne Chemie, aber mit einer Blumenwiese für Vögel und Insekten. Fauster weiß, dass sein Traum von pflanzlicher Diversität nur eine Chance hat, wenn einer den Anfang macht.
„Alles, was auf dem Teller zusammenpasst, gedeiht auch im Beet gut nebeneinander", sagt er. Ein Gärtner hilft, Nachbarn ohne eigene Gärten dürfen ein Stück des Landes nutzen und jäten dafür Unkraut. Einmal pro Woche bekommen die beteiligten Hotels eine Lieferung saisonalen Gemüses vom eigenen Feld. Mit dem Gemeinschaftsacker „Taufrisch" sorgen die Hoteliers im von Maisfeldern dominierten Tal für Gesprächsstoff. „Die Bauern lächeln darüber", weiß Fauster. „Manche sagen: Schau dir die Idioten vom Tourismus an, aber die können es sich ja leisten." Es stört ihn nicht. „Wir Konsumenten können entscheiden, was der Bauer pflanzt, aber wir müssen die Erzeugnisse dann auch kaufen." Und damit es überhaupt so weit kommt, gibt er eben selbst den Anstoß.
Das mitten im Naturpark Rieserferner-Ahrn gelegene Naturhotel Drumlerhof mit 37 nach Zirbenholz duftenden Zimmern ist seit dem 16. Jahrhundert ein Gasthof. Allerdings war die touristische Nutzung in früheren Zeiten kaum mit dem Niveau der Südtiroler Hotellerie von heute vergleichbar. „Bis zu den siebziger Jahren waren vor allem Hunger und Armut zu Gast", sagt Stefan Fauster. Seit über 25 Jahren führen er und seine Frau Ruth das Hotel, das sie von ihren Eltern übernahmen. Fauster wuchs mit fünf Geschwistern auf einem Bergbauernhof am Ritten über Bozen auf. „Unsere Familie hatte drei Kühe und drei Schweine, davon haben wir gelebt. Materiell hatten wir nichts, aber Geborgenheit und Liebe zur Natur im Überfluss", erinnert er sich. Entbehrt habe er nichts in seiner Kindheit, als seine Familie wie viele Menschen hier weitgehend als Selbstversorger lebte; vielmehr eine Menge mitgenommen ins spätere Leben. Deshalb sei sein Öko-Konzept, das er als „Enkeltauglichkeit" bezeichnet, auch keine Marketing-Strategie, sondern eine Herzensangelegenheit. „Wir haben ja schon immer so gelebt", sagt er. „Wir wollen weder die Natur noch Menschen ausbeuten, sondern so viel wie möglich selbst herstellen und die kleinen Produzenten aus der Umgebung unterstützen."
Einer von ihnen ist Michael Steiner, der nach seiner Ausbildung in Österreich und einem Praktikum in der Schweiz mit neunzehn Jahren die elterliche Käserei Eggemoa in Mühlwald übernahm. Mit der Milch der eigenen Kühe, die von April bis Oktober auf der Weide grasen, sowie der Milch, die er viermal wöchentlich beim Hof seines Vertrauens zukauft, stellt er ein Dutzend preisgekrönter und mit Fichtenrinde, Wacholderbeeren oder heimischen Kräutern verfeinerter Rohmilchkäse her. Pfeffer und Paprika, die hier nicht wachsen, verwendet Steiner nicht. „Das ist mir wichtig, dass ich die Menschen und die Geschichten hinter den Produkten kenne", erklärt Hotelier Fauster.
Doch ihm liegt noch mehr am Herzen: der Erhalt des Planeten. Er heizt den Drumlerhof mit Biomasse. Energie wird aus Wasserfällen gewonnen, aus den Leitungen fließt Quellwasser. Die Möbel sind von örtlichen Handwerkern gefertigt, selbst die Dirndl der Mitarbeiterinnen handgenäht. Die Fausters sind nicht besessen, auch nicht von Missionierungsgeist getrieben. Sie haben nur - wie in Südtirol nicht ungewöhnlich - ihre Ideen konsequent entwickelt und akribisch umgesetzt. Gäste, die mit dem Zug anreisen, werden in Bruneck abgeholt; fünf Prozent ihres Aufenthaltentgelds geht an Klimaschutzprogramme. Die Küche unter Leitung von Ruth Fauster arbeitet mit regionalen Produkten aus artgerechter Haltung und ökologischem Anbau. Convenience-Produkte gibt es nicht. Tausend Kilogramm Marmelade werden im Jahr aus eigenen und von vertrauenswürdigen Produzenten zugekauften Früchten gekocht. Wenn Fauster mit Gästen bei Wanderungen zu den schönsten und stillsten Flecken des Ahrntals auch über Eigenarten und Folgen der Landwirtschaft mit Tierhaltung spricht, gehen die Fleischbestellungen beim abendlichen Menü manchmal zurück. Dabei können Fleischfresser hier mit gutem Gewissen genießen. Die Tiere stammen aus keiner Massenhaltung, und sie werden ganz verarbeitet - beim Schwein bleiben nur die Augen übrig.
Seit 2013 ist der Drumlerhof gemeinwohlzertifiziert, seit 2015 Co2-neutral. Am Ende des Jahres ziehen die Fausters neben ihrer Gemeinwohl- auch eine CO2-Bilanz. Bleiben CO2-Emissionen übrig, werden sie durch Spenden an ein Trinkwasserprojekt in Uganda ausgeglichen.
Auf Komfort müssen die Gäste bei allem so wenig verzichten wie auf Rührei und Tiroler Speck und Schinken zum Frühstück. Das Wasser im Pool im vierten Stock ist nicht so warm wie im Thermalbad. Dafür flackert Kaminfeuer, und das Bergpanorama vor den Fenstern wärmt das Herz. Finnische und Bio- Sauna, Dampfbad, ein Whirlpool auf dem Dach und ein Spa sind vorhanden. Auch Kaffee gibt es, wiewohl er naturgemäß nicht am Ort angebaut, sondern nur hier geröstet wird. „Wir sind kein Kloster", sagt Fauster. „Auch Schokolade und exotische Früchte gibt es bei uns, aber fair gehandelt, in Bio-Qualität und von kleinen Produzenten." Schließlich wolle er seine Gäste glücklich machen. „Das ist unser Job."
Wenig klösterlich ist auch das Interieur, das klassische alpine Dekorationsobjekte wie Geweihe, Naturfarben wie Waldgrün und Materialien wie Loden mit modernen Akzenten verbindet: Sesseln und Zierkissen in leuchtendem Pink, coolen Jazzklängen und Baumstümpfen als Tische in der Lobby. Fast alles ist aus Holz: Böden, Wände, Türen und Schränke. Das schafft nicht nur Wohlfühlatmosphäre, es ist auch praktisch: „Wenn meine Kinder keine Freude mehr am Hotel haben, können sie die Motorsäge nehmen, alles auseinander nehmen und verheizen", sagt Stefan Fauster vergnügt. Allerdings deutet nichts auf derlei Pläne hin. Tochter Franzi leitet den Service und mixt an der Bar kreative Aperitifs, Emma leitet die Rezeption. Beide sind vom ökologisch orientierten Konzept überzeugt - und fest im Haus verwurzelt.
„Wir Verrückten hier in den Tälern leben in und mit der Natur", erklärt Fauster. Weite Reisen brauche er deshalb nicht. „Bei 300 Sonnentagen im Jahr und so viel schöner Natur habe ich kein Recht zu verreisen", findet er. Stadtbewohner hätten das nötiger. Wenn die Fausters entspannen wollen, ziehen sie sich auf den Hof seiner Eltern zurück oder suchen in der Umgebung nach neuen Produkten für Küche und Keller. „Ich bin kein Revoluzzer", sagt Fauster. „Ich will nur zeigen, dass es auch anders geht."
Information: Im Naturhotel Drumlerhof in Sand in Taufers kostet das Doppelzimmer mit Halbpension (auch glutenfrei) und nachmittäglicher Kaffeetafel pro Person ab 127 Euro (www.drumlerhof.com).